System: Sechs gute Gründe für mFT

Beginnt man als Autor einen Artikel über ein Thema zu schreiben, sollte man immer mit einer möglichst interessanten Einleitung beginnen, um die Leser neugierig zu machen und bei „der Stange zu halten“. Bis ich allerdings solche interessanten „Einleitungen“ für meine Blogeinträge gefunden habe, vergeht doch oft mehr Zeit als gedacht und geplant. Diesmal ist es zum Glück einfacher, denn die Frage ist, warum ich überhaupt über „Gute Gründe für mFT“ schreiben möchte. Kaum ein Kamerasystem wird so häufig in Foren Diskussionen belächelt, keinem anderen System wird so häufig unterstellt, dass die Bildqualität bei weitem nicht an größere Sensoren herankommt und viele mFT User bekommen das Gefühl vermittelt, dass man, um „richtig dabei zu sein in Sachen Fotografie“, mindestens „Vollformat“ in der Fototasche haben muss. Gerne gebe ich zu, dass ich mir damals den Schritt zu mFT mehr als dreimal überlegt habe. Viele der „Kritikpunkte“ schwirrten auch in meinem Kopf umher und erst im Nachhinein ist mir aufgefallen, wie ich mich durch die vorherrschende Meinung in einigen Fotoforen habe beeinflussen lassen.  Nach über drei Jahren mit dem mFT System möchte ich schonungslos Bilanz ziehen und meine persönlichen guten Gründe für das System mit Euch teilen.

Meine beiden mFT´s. Einmal für Grobe und einmal für die filigranen Dinge.

 

Hier kommt sie also, meine Top-Ten pro mFT (und keine Sorge, die Nachteile finden auch noch Platz:

Top 1: Größe / Gewicht

Die Vorteile bei der Größe und dem Gewicht der Kameraausrüstungen werden in Diskussionen immer mit als erstes Argument für das mFT-System angeführt, häufig gekontert durch den Hinweis, dass eine Panasonic Lumix G9 / Olympus EM-1 Mk.II nun ja auch nicht viel kleiner wären, als eine Sony Alpha 7. Richtig ist, dass das mFT-System dem Fotografen bei den Bodys die Wahl läßt zwischen klein, leicht und kompakt (z.b. Olympus PEN-Serie, Lumix GX) und richtig ausgewachsenen Kamerabodys samt Batteriegriff (z.B. Oly EM-1 Mk. I & II, Lumix G9 & GH5) an dem sich auch Objektive wie ein 4/300 oder ein 2,8/200 perfekt einsetzen und bedienen lassen. Die mFT-Objektive unterscheiden sich allerdings teilweise deutlich von Gewicht und Größte von den anderen Systemen, gerade die Vollformat Optiken sind teilweise echte Brummer. Lichtstärke und starkes Tele für Vollformat bedeutet Gewicht, da liegen die Unterschiede zu mFT-Systemen schnell bei mehreren Kilo.

Großes Pro-Zoom oder kleine und leichte 1,8er Festbrennweite, beides bietet das mFT-System an

Der Vorteil des mFT-Systems für den User ist doch, dass er die Wahl hat. Ich kann mit meiner PEN-F mit drei 1,8er Festbrennweiten locker losziehen und stundenlang eine Stadt erkunden ohne zu ermüden, ich kann aber auch meine EM-1 mit dem 2,8/40-150 samt Konverter und Batteriegriff für ein Shooting einsetzen und habe ein perfektes Handling.

Top 2: Preise 

Für die meisten von uns ist die Fotografie ein Hobby. Hobbys dürfen Geld kosten, na klar, auch die Fotografie. Allerdings finde ich persönlich die Preisentwicklung gerade für Objektive und zum Teil auch für Kameras ambitioniert. Ein Nikkor oder Sony 2,8/70-200 für rund 2.700€ finde ich teuer, da ist das Canon mit rund 2.000€  richtig günstig gegen und 2.000€ sind immer noch viel Geld. Im Schnitt sind die Objektive für Vollformat teilweise deutlich teurer als die Pendants bei mFT. Allerdings bewegen sich die Preise auch hier nach oben, wie das Panasonic 2,8/200 und die 1,2er Festbrennweiten von Olympus zeigen. Auf der anderen Seite gibt es zum Glück noch genügend richtig preiswerte Alternativen im mFT-Kosmos, wie z.B. das Olympus 1,8/45. Die Kamerabodys differieren gefühlt preislich nicht so stark wie die Optiken, allerdings liegen die Vollformat Pro-Bodys doch immer noch einen Tick höher, als die vergleichbaren mFT-Gehäuse.

Das 30ziger Makro gibt es für unter 300€ neu

Unter dem Strich wird der Käufer eines mFT-Systems günstiger fahren und ich persönlich hoffe dass das auch in Zukunft so bleibt und die beiden Hersteller nicht zu sehr an der Preisschraube drehen.

Top 3: Vielfalt

Das mFT System profitiert sehr vom offenen Standard. Zwei große Hersteller tummeln sich auf dem Markt und machen sich direkte Konkurrenz bei Objektiven und auch bei Kamerabodys! Was das fü den User bedeutet? Panasonic Preisgestaltung bei Einführung der Lumix G9 führte unmittelbar zu einer Preissenkung des Olympus Flaggschiffs EM-1 Mk.II. auf den Listenpreis der Lumix. Das funktioniert nur im mFT System, denn der einzige Hersteller von Kameragehäusen bei Sony ist? Richtig Sony. Bei Canon? Canon! Bei Nikon und Fuji ist es nicht anders. Den direkten Wettbewerb bei den Bodys gibt es nur bei mFT, bei den Objektiven haben die anderen Systeme zum Glück Alternativen wie Sigma, Tamron und Co.

Gut, sind zwar alles Olympus Optiken und Bodys, aber Panasonic kommt dazu demnächst und ein Kamlan Objektiv habe ich auch schon!

Noch werden nicht viele Fremdobjektive für mFT angeboten, aber rund 77 verschiedene Objektive stehen für den mFT Anschluß zur Verfügung. Beginnend bei ganz preiswerten Kitzooms, über die Mittelklasse bis zu den Pro-Optiken von Olympus und Panasonic-Leica ist alles vertreten. Namen wie Kowa, Samyang, Laowa, Meike, Meyer-Görlitz, Sigma und Lensbaby ergänzen das Angebot der beiden großen Hersteller. Einen Überblick über die Vielfalt des mFT-Systems findet Ihr hier.

Top 4: Objektive Setup

Ok, das hätte ich auch unter dem Punkt „Vielfalt“ abhandeln können, allerdings empfinde ich den Punkt als wirklich wichtig für das mFT-System. Bei meinem Einstieg bot Olympus jeweils mit 2,8er Blende die Objektive 7-14mm, 12-40mm und 40-150mm an. Mit dem Konverter für das 40-150mm Tele stand mir so von 14mm Superweitwinkel bis zum 420mm Supertele (Brennweiten im Vergleich zu Vollformat) alles zur Verfügung, bis 300mm sogar alle Brennweiten mit einer durchgehenden Blende von 2,8. Die 2,8er Blende, also Offenblende, ist übrigens voll nutzbar. Die Abbildungsleistung und die Schärfe der Objektive ist oft bei mFT direkt mit größten Blende schon sehr gut. Bei den o.g. Pro Objektiven ist das definitiv der Fall.

40-150 / 12-40 / 7-14, alle mit 2,8er Anfangsblende, alle abgedichtet und alle mit einer Top Abbildungsleistung

Mittlerweile hat Panasonic nachgezogen und ebenfalls ein Zoom-Triumvirat aufgelegt. Zusammen mit Leica sind die drei Objektive mit den Brennweiten 2,8-4/8-18mm, 2,8-4/12-60mm und 2,8-4/50-200mm auf der Photokina 2016 vorgestellt worden. Genau wie Olympus deckt Panasonic mit diesem Setup die populärsten Brennweiten von 16mm bis 400mm ab, zwar etwas lichtschwächer, dafür aber einen Tick kompakter und leichter.  Der mFt User hat auch hier wieder die Wahl, für welche Objektive er sich entscheidet!

Top 5: Innovation

Ob die „großen Drei“ es wahrhaben wollen oder nicht, die beiden mFT Hersteller sind sehr innovativ und ergänzen Ihre Kameras immer wieder mit neuen Funktionen die uns Amateurfotografen ganz vielfältige Möglichkeiten eröffnen. Stichworte gefällig?

  1. HighResolution Modus
  2. IBIS, aka Stabilisation in der Kamera
  3. Fokus-Stacking in der Kamera
  4. Post Fokus (Pana)
  5. PreCapture (Oly)
  6. 6K Photo (Pana)
  7. Live Time / Live Composite (Oly)
  8. App Steuerung ab Werk (mit die ersten die das ohne Zubehör möglich gemacht haben
  9. Doppel Stabilisator (Kombination von IBIS und Objektiv-Stabi, angebliche Belichtungszeiten von bis zu 2 Sekunden und mehr bei der EM-1 Mk.II und dem 12-100)
Live-Composite Funktion an der PEN-F

Teilweise sind diese Funktionen, soweit technisch möglich, über Softwareupdates kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Die EM-1 Mk.I hat z.b. die Funktion Live Composite so nachgeliefert bekommen, wenn ich mich recht erinnere.

High Resolution Shoot Einstellung an der PEN-F. Bilder mit mehr als 40 MP werden so möglich!

Die anderen Hersteller ergänzen Ihre Kameras nach und nach um gleich oder ähnliche Funktionen. Trotzdem, wer einmal mit einer Olympus Kamera und der Live Composite Funktion Gewitter fotografiert hat, will das nicht mehr missen. Von den Möglichkeiten die die Panasonic in Sachen Video bietet, will ich lieber gar nicht erst anfangen, da ist Panasonic wirklich mit das beste was der Amateur bekommen kann. Also, Innovation bietet das mFT System wie kein anderes.

Top 6:  Schärfentiefe

Ok, ein Fotograf, der hauptsächlich den „1,4er Vollformat“ Porträt-Look produzieren möchte, wird die Stirn in Falten legen und fragen, ob ich irgendetwas nicht verstanden habe. Der Makrofotograf oder der Tierfotograf, kann das je nach Aufgabenstellung schon ganz anders sehen und ist vielleicht für jeden mm mehr an Schärfentiefe dankbar. Genauso wie es negativ gesehen werden kann, so kann man dies auch positiv nutzen, jede Medaille hat halt zwei Seiten.Die Liste endet hier, vorerst, mal sehen was noch an Neuheiten, Ideen und anderen Innovationen umgesetzt wird im mFT System. Ich glaube da dürfen wir gespannt sein.

 

Nachteile des mFT-Systems

Kommen wir nun zur „dunklen Seite der Macht“ und den Nachteilen, mit denen sich mFT- User herumschlagen müssen.

  1. Bokeh
  2. Rauschen
  3. niedrige ISO
  4. Schärfentiefe
  5. Dynamik/Farbverhalten
  6.  Wenige Megapixel
  7. AF-C (kontinuierlicher AF, hat sich aber mit der EM-1 Mk.II und der Panasonic G9 erledigt)

Sollte ein Newcomer in Sachen Fotografie diese Aufstellung lesen, müsste er glatt zu dem Schluß kommen, dass vernünftige Bilder mit einer mFT Kamera gar unmöglich gelingen können und er unbedingt Richtung Vollformat gehen sollte, damit seine Bilder (zumindest technisch) brauchbar sein werden. Eine ähnliche Auffassung und Argumentation habe ich in den letzten Jahre zigfach in Internet Foren gelesen und es wurde erbittert darum gerungen, wer den nun Recht hätte. Dabei sind sich alle eigentlich immer in einer Einschätzung einig gewesen, egal ob Vollformat, APS-C oder mFT User. Der mFT Sensor ist zwei Blenden schwächer als Vollformat und eine Blende schwächer als APS-C. Trotzdem ging es immer hoch her.

Der mFT Sensor in der PEN-F

Allerdings fragte nie jemand danach, was denn mit den Bildern passieren solle. Dabei ist das doch die alles entscheidende Frage, oder täusche ich mich in diesem Fall? Wenn ich nur 90×60 Poster drucke und das nicht auf Leinwand, dann brauche ich möglichst viele Megapixel und absolute Top-Optiken, wenn ich Fotobücher gestalte brauche ich ein prima System und weniger Megapixel, und wenn ich mir die Bilder auf einem HD-TV anschaue der nicht kalibriert ist, reicht mein iPhone locker aus. Ach, und wenn ich im Internet veröffentliche weiß ich sowieso nicht, wie diejenigen, die das Bild ansehen, Ihren Monitor eingestellt haben in Sachen Farben und Helligkeit. Professionelle Fotografen haben nochmals ganz andere Ansprüche. Mit meiner EM-1 Mk.I (16MP Sensor) habe ich in der Vergangenheit locker DIN A3+ ausgedruckt, im 16:9 Format Kalender gestaltet die ein Format von 55×30 Zentimeter haben, eine Leinwand ausbelichten lassen von 120cm x 90cm und verschiedene andere Sachen gemacht. Die 16 MP der EM-1 haben mir immer ausgereicht und mittlerweile stehen 20 MP in der PEN-F zur Verfügung.

Das mFT System hat einen Nachteil, die Sensorgröße, das ist unbestritten. Allerdings bin ich mir sicher, dass dies für 80% bis 90% der User unerheblich ist, weil die spätere Betrachtung der Bilder das erkennen der Unterschiede quasi unmöglich macht, Bokeh und bessere Freistellung erstmal ausgenommen. Dafür glänzt das mFT-System mit Preiswürdigkeit, Innovation in jeglicher Hinsicht, Flexibilität hinsichtlich der Systemzusammenstellung und einer Tragbarkeit, die es eigentlich erlaubt immer eine mFT-Kamera dabei zu haben. Und wie sagte einmal ein sehr kluger Fotograf: Die beste Kamera ist immer die, die Du dabei hast! Und meine mFT´s habe ich wirklich öfter dabei als alle andere SLR´s und DSLR´s die ich je besessen habe.