Bekanntermaßen leiden die meisten Fotografen von Zeit zu Zeit unter „GAS“ (Gear Aquisition Syndrom). Ganz schlimm tritt dies öfter in Verbindung mit dem Neuerwerb von Fototaschen, Rucksäcken oder Koffern auf. Auch ich bekenne mich zum sporadischen Auftritt dieser Krankheit, die schlecht heilbar ist und deren Symptome dazu führen, dass das Konto leerer, dafür aber die Wohnung immer voller wird.
Trotz des Wissens darum, dass ich die Symptome nicht ganz verhindern kann, so wollte ich Sie dieses eine Mal doch lindern. Zwar musste (zwanghaft) ein neuer Rucksack angeschafft werden, allerdings sollte das Konto darunter nicht zu sehr leiden. Ein nicht so einfaches Unterfangen, wie sich herausstellen sollte.
Lange Zeit war der unter Fotografen scheinbar Kultstatus geniessende „Wandrd Prvke“ mein Favorit. Allerdings vertrug sich die UVP von Wandrd ehr weniger mit meinem gutem Vorsatz mein Konto zu schonen, was wiederum dazu führte, dass ich mehr Zeit mit der Suche nach meinem zukünftigen Rucksack verbrachte, als gedacht.
Die Anforderungen waren an sich einfach. Es sollte ein leichter, kompakter Tagesrucksack werden mit einem Fach für die Kamera und einem Fach das anderweitig genutzt werden kann. Dazu sollten im Kamerafach zwei Bodys Platz finden, sowie das PanaLeica 4-6,3/100-400mm und optional dazu das 2,8/7-14mm oder das 2,8/40-150mm. Die beiden größten Kamerasbodys mussten beide zugleich in den Rucksack passen, davon der mFT-Body immer ohne Standardlinse, die Lumix S5 immer mit dem 3,5-5,6/20-60mm.
Für das „Tagesfach“ habe ich nach einigem Überlegen das „Rolltop-System“ favorisiert, weil es sich flexibel erweitern läßt und ganz gut ausschaut. Trotzdem sollte auch dieses Fach eine gewisse Größe haben, so dass es für Proviant, Getränke, Regenschutz oder auch Fotozubehör geeignet ist. Ein Beckengurt oder ein Alu-Tragegestell war für mich nicht entscheidend, da der Rucksack nur für einfache Tagestouren zum Einsatz kommen sollte. Meine doch recht konkreten Anforderungen wurden überraschender Weise von ziemlichen vielen Rucksackmodellen erfüllt. Ich hatte also die Qual der Wahl!
Nun, geworden ist es letztendlich der Vanguard Veo Select Rolltop 43RB und zwar im ersten Augenblick primär aufgrund des günstigen Preis. Ein Rucksack für knapp unter 100€ der, im Großen und Ganzen, meine Anforderungen erfüllte, erschien mir für mein Konto sympathisch. Mein ehemaliger Favorit, der Wandrd Prvke, hätte mich gut das 3-fache gekostet. Nun, was sind die Vor- und Nachteile des VANGUARD VEO SELECT ROLLTOP 43RB?
Alles was mir gefällt, PRO:
- Das Kamerafach ist in einer hellen Farbe gehalten. Dies erleichtert die Suche Tim Fach nach „Kleinteilen“ und Zubehör ungemein.
- Ein wirklich perfekt positionierter Handgriff. Der Rucksack lässt sich damit problemlos jederzeit greifen und ausbalanciert tragen.
- Der Rucksack steht von alleine und fällt nicht um. Die meisten anderen Modell die ich kenne, müssen irgendwo angelehnt werden.
- Die Unterseite des VANGUARD VEO SELECT ROLLTOP 43RB, also die Standfläche, ist mit einem robusten, schwarzen Stoff ausgeführt.
- Das Tagesfach lässt sich mit einem Reißverschluss und einem Schnappverschluß schnell und sicher verschließen.
- Das Tagesfach ist erstaunlich geräumig.
- Der Trenner zwischen Tagesfach und Kamerafach kann entfernt werden. Also, falls mal ein Olympus 4,5/150-400 transportiert werden muss, es passt definitiv in den VANGUARD VEO SELECT ROLLTOP 43RB.
- Es gibt ein kleines Frontfach, was sich z.B. für ein Notizbuch eignet.
- Es gibt eine kleine „geheime“ Tasche für Ausweise oder Geld.
- Das Tragesystem ist gut gepolstert.
- Es gibt einen Brustgurt und selbstverständlich eine Regenhülle.
- Das Fotofach ist gut gepolstert und hat genügend „Trenner“ dabei, zusätzlich ist die Kamera durch ein flexibel zu positionierendes Stoffband gesichert
- Es gibt zwei Fächer für „volle“ und „leere“ Speicherkarten. Übrigens passen auch kleine Akkus da hinein.
- Ein Fach für ein iPad ist vorhanden, ein 12″ großes iPad Pro passt aber nicht in dieses Fach.
- Der Rucksack sitzt gut am Körper und lässt sich gut tragen (subjektive Einschätzung). dabei bleibt er recht formstabil.
- Über den Verschluss-Strap des Rolltops kann zusätzlich eine Jacke befestigt werden.
- Die Farbe! Das Grün ist einfach klasse und passt bei mir zum Einsatzgebiet!
- Der günstige Preis.
- Die Verarbeitung! Wer glaubt, dass der Preis nur auf Kosten der Qualität funktioniert, täuscht sich. Der Rucksack fühlt sich nicht nur gut an, er ist auch sehr gut verarbeitet.
Alles, was mir weniger gefällt, CONTRA:
- Beim beladen des Rucksacks lässt sich der „Deckel nicht um 180° umklappen. Maximal 90° sind möglich und selbst da muss der Deckel gehalten werden, da er mit Gummis am Hauptfach angebracht ist und immer wieder zuklappen will. Das schützt zwar die Ausrüstung im Feld, nervt aber beim beladen.
- Die seitliche Stativbefestigung über Aussentasche und Strap empfinde ich mit meinen Stativen als zu labil. Hier würde ich maximal ein leichtes und kurzes Reisestativ unterbringen wollen.
- Es fehlen Schlaufen und andere Befestigungsmöglichkeiten für zusätzliche Straps, so dass man eine Jacke oder ein großes Stativ optional festzurren kann.
- Das Hauptfach öffnet „weg“ vom Rücken des Trägers und wird nur durch zwei Straps vor unbefugtem Zugriff geschützt. In der Natur ist das nicht schlimm, in der Stadt sollte man die Straps immer schließen.
- Es gibt keinen seitlichen Zugriff auf das Hauptfach, das Fotofach muss immer geöffnet werden.
- Ich hätte gerne noch das ein oder andere „kleine“ Fach mehr zur Verfügung. Das ist allerdings auch wieder ehr eine subjektive Meinung.
Anhand der technischen Daten habe ich mir den VANGUARD VEO SELECT ROLLTOP 43RB etwas größer vorgestellt. Mit 470mm Höhe, 310mm Breite und 205mm Tiefe handelt es hier sich nicht um einen kleinen Vertreter seiner Zunft. Die Innenmaße liegen bei 420mm Höhe, 230mm Breite und 125mm Tiefe, wobei mir der Innenraum größer vorkommt, weil er doch recht viel Ausrüstung „schluckt“. Positiv möchte ich noch das Gewicht anführen, er wirkt leicht und ist es mit seinen 1,25 Kilo auch.
Abschließend stellt sich die Frage, für wen dieser Rucksack geeignet ist. Allen Usern des mFT-Systems kann ich ruhigen Gewissens sagen, hier ist „Platz satt“ für Eure Ausrüstung! Egal ob mit einer EM-1 Mk.III samt 100-400 und 2,8/40-150 Olympus oder mit einer Lumix G9 und dem 2,8-4,0/50-200 samt 100-400 PanaLeica, in beiden Fällen bekommt Ihr noch locker ein Weitwinkel- und ein Standardzoom unter. Soll eine DSLM Vollformatausrüstung mit auf die Tour, passt neben dem Weitwinkel- und Standardzooms sicherlich ein 2,8/70-200 oder ein 100-400er von Sigma in das Fotofach. Platz für einen zweiten Kamerabody wäre sicher noch vorhanden.
Der VANGUARD VEO SELECT ROLLTOP 43RB hat mich positiv überrascht, denn neben dem geräumigen Fach für die Fotoausrüstung bietet das als Rolltop ausgeführte Tagesfach überraschen viel Raum für alle möglichen Utensilien, die man auf einer Tour so benötigen könnte. Er schafft den Spagat zwischen Rucksack mit „Daypack“ und Rucksack mit genügend großem Kamerafach spielend. Dabei passt sich seine Größe durch das Rolltop recht variablen an die gewünschten Aufgaben an. Mittlerweile nehme ich den VANGUARD VEO SELECT ROLLTOP 43RB gerne selbst auf kürzeren Spaziergängen mit, um meine G9 mit dem PanaLeica 100-400 neben der Lumix S5 einfach „dabei zu haben“.
Es gibt zwei Ausnahmen, in deren Fall ich auf einen anderen Rucksack ausweichen müsste: 1. Es muss ein Laptop mitgeführt werden und 2. die komplette Ausrüstung wiegt deutlich mehr als 6-8 Kilo (subjektive Einschätzung meinerseits). In diesem Fall würde ich einen Rucksack mit einem stabilisierenden und entlastenden Beckengurt vorziehen. Im optimalen Falle noch ausgestattet mit einem Traggestell aus Aluminium. Aber das ist auch nicht die Zielgruppe für den VANGUARD VEO SELECT ROLLTOP 43RB.
Ein letztes Wort zum Preis. Knappe 100€ sind für den Rucksack absolut angemessen und in meinen Augen ein sehr günstiges Angebot. Im Vergleich zum „Wandrd Prvke“ fehlen auch einige Goodies und der seitliche Zugriff auf die Kamera ist auch nicht möglich. Aber dafür kostet er halt weniger als die Hälfte. Das gesparte Geld habe ich dann für die kommende Fotosaison anderweitig investiert. Aber dazu demnächst mehr.
Abschließend zum Thema Transparenz (das ist ja so „in“ im Augenblick, da mache ich glatt auch mit): Den Rucksack habe ich selber gekauft und ich bin nicht von der Fa. Vanguard oder einem Shop gesponsert. Ihr lest hier demnach meine ganz persönliche unbeeinflusste Meinung.
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Vielen Dank für der ausführliche und informative Beitrag!
Ich überlege mir diesen Rucksack zu kaufen aber ich habe zweifel, ob sich die Gurte an das Peak Design Capture Clip System anpassen. Ich möchte nicht, dass sich die Kamera nicht in der richtigen Höhe befindet, durch kurze Gurte.
Wenn Sie Erfahrung mit diesem System haben, wäre es eine große Hilfe.
Vielen Dank im Voraus!
Hallo Mathias,
im Prinzip bin ich mit dem Rucksack sehr zufrieden, es gibt genug Platz für die Kameraausrüstung und für weitere Dinge im Rolltop für einen Tagesausflug. Allerdings hat der Vanguard keinen Hüftgurt, was bedeutet, dass das Gewicht immer nur auf den Schultern lastet. Für längere Wanderungen bevorzuge ich daher ein anderes Modell, was mir für die Tagestouren allerdings dann wiederum zu groß ist. Irgendeinen Kompromiss geht man also immer ein ;-).
Bei dem Vanguard sind die Gurte in der Höhe nicht verstellbar. Das heisst die Höhe des PD Capture Clips kann nur über den Clip angepasst werden. Allerdings verfüge ich nicht über dieses System und kann Dir daher leider keine konkrete Auskunft geben, ob es für Dich passt oder nicht. Die Gurte sind für mich ausreichend lang, bei einer Körpergröße von 1,79 und 90 KG. Mehr kann ich leider dazu nicht sagen, ausser, dass ich das Preis/Leistungsverhältnis immer noch sehr gut finde.
Solltest Du noch Fragen haben, helfe ich gerne weiter.
Viele Grüße und schöne Pfingsten
Jörg
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