Machmal bedarf es einiger Zufälle, um eine veränderte Sichtweise auf die so alltäglichen und routiniert abgespulten Handlungen zu erhalten. Ihr wisst schon, dieser Moment in dem man etwas liest, sieht, hört und plötzlich überraschst innehält, und den Satz noch einmal ganz bewusst vor den Augen vorbeiziehen läßt und dabei bemerkt, wie recht der Autor oder Sprecher mit seiner Aussage hat.
Nun, genau das ist mir neulich passiert. Aus purem Zufall fiel mir die PhotoPresse 06 in die Hände und der Titel des „Standpunkt“ des Herausgebers Wolfgang Heinen sprach mich spontan an, so dass ich Ihn unbedingt lesen musst. Der Titel lautete „Neuen Druck aufbauen“. Kurz zusammengefaßt ging es um den Wert eines Bildes, für den Betrachter, den Auftraggeber und den Fotografen selber. Wolfgang Heinen hatte zwar in seinem „Standpunkt“ mehr das Geschäftsmodell der Berufsfotografen als grundlegendes Thema aufgegriffen, hat dabei aber eine für mich erstaunliche Aussage gemacht, die sich kinderleicht auf jedes Foto übertragen läßt, egal ob es sich um ein kommerzielles Top Foto eines Profis handelt oder um das Familienbild eines Hobbyknipsers.
Ich zitiere: „Bildinhalt mal Bildgestaltung plus Dauer der Betrachtung ergibt das, was eine Fotografie „ausmacht“: Kulturell, aber auch wirtschaftlich“. (Photo Presse 06-20, Wolfgang Heinen)
Je länger ich über diesen Satz nachgedacht habe, desto mehr Beispiele sind mir eingefallen, die ihn bestätigt haben. Egal ob es die Landschaftsfotografien von Anselm Adams waren, die Kriegsbilder von Robert Capa, die Fotos der Top-Modells von Peter Lindbergh, oder das Foto meiner Tochter spielend im Schnee. Diese Fotografien haben erst durch die ständige Präsenz für mich an Wert und Bedeutung gewonnen. Die Möglichkeit Bilder heute dauerhaft zu betrachten, wird uns allen in der digitalen Welt angeblich so leicht gemacht. Facebook, Instagram und das abertausende Fotos fassende Handy sind immer parat. Leider ist das nicht die ganze Wahrheit, werden wir doch erschlagen von der Bilderflut und haben nie genug Zeit die Fotos länger als Sekunden zu sehen, bevor sie erneut im digitalen Bildermeer versinken. Ganz zu schweigen davon, dass ohne Strom, Computer oder Handy nicht ein einziges Foto zu sehen ist.
Als Konsequenz dieser Erkenntnis hat Wolfgang Heinen den Lesern der Photo Presse empfohlen, Ihr Geschäftsmodell unbedingt um den Punkt „höchstwertige Prints“ zu erweitern, und zwar als umverhandelbaren Bestandteil des Angebots. Wohlgemerkt, die meisten Leser der Photo Presse dürften Profis sein, die darauf angewiesen sind, Werte für Ihre Kunden zu schaffen, um Geld zu verdienen!
Als Amateure haben wir den ungeheuren Luxus nur zur eigenen Freude zu fotografieren, wir müssen nicht „höchstwertige Prints“ produzieren, damit wir nächsten Monat noch die Miete bezahlen können. Die Frage, die sich mir jedoch stellt ist, können wir Amateure uns erlauben auf „Prints“ zu verzichten? Ich glaube nicht. Wieviel Herzblut investieren wir bis wir ein gelungenes Bild auf der Speicherkarte haben und wie stiefmütterlich wird es oft danach behandelt. Sicher, nicht jedes Foto verdient es gedruckt zu werden, aber die persönlichen bedeutenden Fotos mit Sicherheit. Pixel sind flüchtig, gute Prints halten ein Leben lang.
Hier geht es zur Webseite der Photo Presse. Im Gegenzug für einen Newsletter könnt Ihr eine Ausgabe gratis lesen und damit auch den Standpunkt von Wolfgang Heinen.
Fotos auszudrucken ist auch eine gute persönliche Fotoschule. Egal ob Fotobuch oder Fotos für die Wand – wer dies macht fotografiert bewusster und intensiver. Letztlich sind solche Darstellungen von Bildern „The very Best of…“.
Nach Renovierung und Umbau der Wohnung sollen nun endlich auch von mir Bilder an die Wand. Aber in welcher Form? Alu-Verbund, Acrylglas, Leinwand, GalleryPrint, Hartschaumplatte, mit Rahmen, ohne Rahmen, mit Passepartout oder ohne?
Dagegen ist das Fotografieren einfach, simpel und eher nebensächlich :-)).
Viele Grüße
Wolfgang
Hallo Wolfgang, Bilder sollen an die Wand aber auch in das berühmte Fotoalbum, denn in beiden Fällen ist der Fotograf gezwungen sich mit den Ergebnissen seiner Fotografie auseinanderzusetzen und auszuwählen. Das hilft ungemein, um besser zu werden glaube ich. Ausserdem finde ich persönlich das auswählen schwieriger, als das fotografieren ;-).
Ich wünsche ein schönes Wochenende
Viele Grüße
Jörg